Die Tochter des Uhrmachers – Kate Morton
Rezensionsexemplar
★★★★☆
Inhalt
"My father called me Birdie; he said I was his little bird.Others knew me as his child, the clockmaker’s daughter.Edward called me his muse, his destiny.I am remembered as a thief, an imposter, a girl who rose above her station, who was not chaste. My real name, no one remembers. The truth about that summer, no one else knows."
Die Archivarin Elodie Winslow findet bei Aufräumarbeiten
eine bisher unentdeckte Ledertasche, die neben dem Foto einer viktorianischen
Frau auch ein Skizzenbuch mit Zeichnungen enthält – unter anderem von einem
Haus an einer Flussbiegung, das sie an die Kindheitsmärchen ihrer verstorbenen
Mutter denken lässt. Elodie, die ein eher ruhiger, feinfühliger Mensch ist,
verspürt den unnachgiebigen Drang, der Vergangenheit auf den Grund zu gehen und
trifft dabei auf ein vergessen geratenes Unglück, das einen Mord, einen
Raubüberfall und ein verschwundenes Familienerbstück einschließt.
Parallel zu den gegenwärtig in London spielenden
Handlungssträngen um Elodie findet sich auch die Stimme einer mysteriösen
Beobachterin ein, die sich sehr schnell als weiblicher Geist entpuppt, der an ein Anwesen namens Birchwood Manor gebunden zu sein scheint. Der Geist stellt sich als
Birdie Bell, als Tochter eines Uhrmachers, vor und berichtet von
unterschiedlichen Charakteren, die über die Jahrzehnte in dem Haus ein und ausgegangen
sind.
Die Wurzeln der Geschichte, der auch Elodie auf der Spur
ist, scheinen bei einer Gruppe junger, heranstrebender Künstler zu liegen, die auf
Edward Radcliffs Vorschlag hin in einen Sommer gemeinsam in Birchwood Manor
verbrachten, wo das Unglück während einer Gewitternacht seinen Lauf nahm…
Bewertung und Fazit
Ich habe Kate Mortons neuen Roman „Die Tochter des
Uhrmachers“ genossen und bin (mal wieder) von ihrem ausgeschmückten, geheimnisvollen
Erzählstil beeindruckt, welcher die Vergangenheit, tragische Umstände, Liebe,
Verlust – und dieses Mal auch paranormale Tatsachen – in lebhaften Stücken vor dem inneren Auge
aufleben lässt und einen in den Bann zieht.
Kate Morton zählt seit „Der verborgene Garten“ erschienen
ist, zu meinen absoluten Lieblingsautoren und hat eine starke Autorenmarke
etabliert. Deutlich wird das alleine schon daran, dass ihr Name in größeren
Lettern als der Buchtitel auf das Cover gedruckt worden ist.
Die Tochter des Uhrmachers ist für mich aber dennoch nicht
Mortons bestes Werk, was daran liegt, dass die vielen Erzählstränge, Zeitebenen
und zugehörigen Charaktere so komplex miteinander verwoben sind, dass das
Lesevergnügen etwas anstrengender wird als gewöhnlich. Alles läuft am Ende zwar
in einer Meisterleistung auf einen Punkt zusammen, aber mir hat es die
Geschichte an vielen Stellen etwas langatmiger gemacht und Charaktere in
den Fokus gestellt, die mich weniger interessiert haben. Durch diesen dominanten Wechsel in
den Zeitebenen war es unter Umständen vielleicht auch einfach nicht möglich,
sich bei allen Charakteren tief einzufühlen.
Zudem bleiben am Ende immer noch einige Fragen etwas offen
und ich hätte mir von Elodies Storystrang und ihrer Entwicklung einen konkreteren
Abschluss gewünscht, auch wenn sich der Fortgang definitiv erahnen lässt. Am
Anfang des Buches war sie nämlich deutlich präsenter, musste dann jedoch hinter
die anderen Charakteren zurückgetreten und war zeitweise über lange Stellen gar
nicht mehr im Gespräch.
Das Herz der Geschichte bildet für mich definitiv Birdies
Geschichte und das viktorianische Zeitalter (insbesondere auch Edward und Joe,
von denen ich gerne mehr gehört hätte) sowie die Künstlergruppe um Edward, die Magenta
Brotherhood, die emporstrebt, gegenseitig nach Inspiration sucht, aber auch miteinander
konkurriert. Die Atmosphäre des Hauses Birchwood Manor gepaart mit der Geistererscheinung
Birdies bereichern die Handlung und lassen den Roman zu einer modernen Geistergeschichte
werden.
Von mir gibt es dieses Mal wegen der kleinen Kritikpunkte „nur“etwas schwächere 4 von 5 Sternen, die Leseempfehlung ist also immer noch deutlich für all diejenigen
gegeben, die verwinkelte, mysteriöse und historische Romane des Genres lieben
und sich auch einmal auf einen etwas anderen Storyaufbau einlassen wollen.